Die letzten drei Tage hat es nur geregnet. Man kann weder draußen arbeiten, noch drinnen etwas tun. Also habe ich mich verabschiedet und bin nach Pucon ins Hostel gezogen. Hier habe ich wieder Internet und ich kann mal so einiges nachholen.
Am dritten Morgen scheint endlich wieder die Sonne und ich habe einen fantastischen Blick auf den Vulkan. Jetzt kann man auch deutlich seine Aktivität erkennen. Durch die Regenfälle der vergangenen Tage ist reichlich Wasser in den Krater gelangt, was nun mit der Lava in Berührung kommt und verdunstet.
Übrigens ist das Zimmer in dem ich wohne, das Kleinste in dem ich je gelebt habe. Es ist ca. 2,50 lang, einen Meter breit und an der Tür 2m hoch. Dieser Miniraum wird aber noch mal durch die Dachschräge halbiert. Was soll es, für mich ist es ausreichend.
Obwohl ich vor zwei Wochen schon einmal mit dem Motorrad den Vulkan bis zum letztem Parkplatz hinauf gefahren bin, will ich heute nochmal dort hin, den Schnee anfassen. Es ist Jahre her, dass ich zum letztem Mal Schnee berührt habe. Allerdings wird es das Härteste werden, was ich in den letzten Monaten so gemacht habe. Zu erst ist es noch Spaß. Doch später im Schnee wird es eine enorme körperliche Anstrengung werden und ich glaube, ich habe es etwas übertrieben.
Solange der Boden noch weich war, hatte das Motorrad auch Griff. Aber die letzten zwei, dreihundert Höhenmeter wurde zur Qual, Schnee auf gefrorenem Boden. Ich musste andauernd absteigen und neben dem Motorrad den Berg hinaufrennen. Wenn ich auf der Maschine saß, war es ungemein Kraftrauben für die Arme, da das Bike ständig ausbrach und wegrutschte. Das Hinterrad war nur am durchdrehen und nur mit sehr gefühlvollem Gas geben, konnte man überhaupt ein paar Meter fahren. Ich musste immer wieder unterbrechen. Ich war am Keuchen und habe um Luft gerungen. Die zweiradbetriebenen Autos haben unterwegs aufgegeben, nur mit Allradantrieb kam man den Berg hinauf.
Irgendwann hatte ich es dann doch geschafft und ich war froh. Ich glaube aber es war zu viel für den alten Mann. Schon oben am Ziel hatte ich einen Gesichtsfeldausfall. Das heißt, ich schau von hinten auf das Rücklicht und ich sehe den linken Blinker direkt daneben, aber den rechten Blinker sehe ich nicht. So etwas hatte ich schon zwei, drei Mal zuvor in den letzten Jahren. Es hängt mit meiner ungesunden Lebensweise ( Zuviel Rotwein) zusammen und ist ein deutliches Warnsignal. Nur dieses Mal wurde es noch verrückter. Als ich fast wieder im Hostel war, stellte ich fest, das ich nicht mehr rechnen konnte. Einfachste Multiplikationen, wie 6x7 konnte ich nicht lösen. Meine Hand kribbelte. Und das Verrückteste am Ende war, ich konnte für einige Minuten die deutsche Sprache nicht mehr sprechen. Zu mindestens fielen mir einige Wörter nicht mehr ein und ich konnte keine vollständigen Sätze bilden. Das fand ich schon erschreckend. Jetzt nach einer Stunde ist alles wieder okey. Aber ich glaube ich sollte mal ganz tief in mich gehen.
Der Herbst steht auf der Leiter und malt die Blätter an
Nach drei Tagen im Hostel fragte mich die Putzfrau morgens, warum ich nicht packe. Wie sich herausstellte hatte ich nur drei statt fünf Nächte geordert und jetzt war es ausgebucht. Also musste ich etwas überstürzt zusammenräumen. Ich dachte, ich fahre mal Richtung Norden in der Hoffnung, dass es dort irgendwann wärmer werden würde. Schon beim Packen war ich ziemlich kraftlos und als ich Pucon verließ, kamen mir ernste Zweifel, ob ich schon wieder fit genug bin. Jede Bewegung strengte mich an, ich hatte immer noch eine Art Schmerz in der Brust und im Arm und außerdem war es ar...kalt. Irgendwann siegte die Vernunft in mir und ich kehrte um. Ich fand ein super Hostel zum super Preis und nun habe ich hier für neun Tage gebucht, weil dann laut Wetterbericht ein Sonnenloch von drei Tagen kommen soll. Die ersten beiden Tage bin ich im Bett geblieben. Jetzt geht's mir besser, das Wetter ist gut, also mache ich Touren.
Am erstem Tag war ich noch zurückhaltend und habe nur einen kleinen Ritt zum Lago Caburga gemacht.
Zweiter Tag Das Gute ist, in Chile darf man jeden Weg befahren, der nicht privat ist. Selbst im Nationalpark, was mich sehr wunderte, durfte ich kleinste und sehr anspruchsvolle Pfade ausprobieren. Vereinzelte Fußgänger, die mir entgegen kamen, waren auch nicht verärgert, sondern machten freundlich Platz. Dieser Weg wurde dann immer schmaler und endete vor einem Tor. Mein Garmin sagte noch 40 km bis Pucon. Doch es half nichts, ich musste die gesamten 130 km, meist Schotterstraße zurückfahren. Es wurde dunkel und ich war erst spät in der Nacht wieder im Hostel.
Am dritten Tag Ich bin noch mal zum Vulcan Lanin hoch gefahren, wo ich vor zwei, drei Wochen schon einmal gewesen war. Ich habe so richtig gefroren und mich immer wieder am Auspuff meiner Maschine gewärmt. Aber es war einzigartig schön gewesen.
Diashow - Indian Summer in Pucon
Zwischenstand
Ich bin jetzt seit neun Tagen im Hostal Donde Egidio in Pucon und ich muss sagen, hier kann man es aushalten. Als ich ankam, hat man mir einen Zimmerpreis von 15.000 Pesos pro Nacht gesagt. Nach kurzer Verhandlung habe ich nun 90.000 Pesos für neun Nächte im Einzelzimmer mit Frühstück und super Internet bezahlt. Morgen geht es weiter Richtung Norden. Der Wetterbericht kündigt etwas Regen an. Ich sollte also wieder Kilometer schruppen, um aus dem im Süden kreisendem Regengebiet heraus zu kommen.
Ich habe die Tage genutzt, nicht nur um die Region zu erkunden und meinem angekratztem Herz ein wenig Ruhe zu gönnen, sondern auch um etwas Spanisch zu lernen. Eigentlich kann ich schon eine Millionen Wörter, aber es sind nur die Zahlen. Und ich spreche sie zwar, aber verstehen kann ich sie nur auf mehrfache Nachfrage.
Und ich habe so einige Dinge erledigt. Mein europäischer Führerschein liegt in irgendeinem Keller in Halle und der Internationale ist abgelaufen. Ich besitze also kein so richtig gültiges Dokument. Nun ja, ich hatte die Reise nicht geplant, sie ist mehr oder weniger aus der Situation heraus erwachsen und das finde ich auch gut so. Okey, ich habe meine Thaifahrerlaubnis, aber, aber, aber. In irgendeiner Cloud habe ich noch ein Foto von der Europäischen gefunden, sie ausgedruckt, eingeschweißt und das da oben ist dabei herausgekommen. Natürlich sieht man gleich, das die nicht echt ist, aber schauen mir mal. Dann habe ich gelesen und gehört, dass ich für die anderen Staaten hier eine Motorradhaftpflicht brauche. Die habe ich gekauft. Sie hat 140 Euro für 6 Monate gekostet. Und ich habe meiner neuen chinesischen Freundin ein Verwöhnprogramm spendiert, Öl und Filterwechsel. Damit verliere ich zwar die Garantie, die nach 10.000 km ehe abläuft, weil ich keine Durchsicht machen lasse, spare aber 120.000 Pesos. Hoffentlich geht's gut.
Meinen internationalen Führerschein habe ich an der Stelle geknickt, wo das Ablaufdatum steht und die Bruchstelle so lange mit der Schere behandelt, bis es nicht mehr zu lesen war. Da kommt jetzt noch ein Klebestreifen drauf und dann wird das Ding im Notfall so geknickt überreicht.
Der Verkehr Ich versteh ihn nicht. Gut man fährt hier so vorsichtig wie in Holland. Aber ich steh manchmal an einer Kreuzung und habe keine Ahnung was los ist. Schaut euch das Bild unten an und sagt mir wer hier fahren darf.
Auf meiner Straße ist kein Verkehrszeichen, also denke ich, alles ist gleichberechtigt. Nein! Als erstes geht der Fußgänger und zwar immer und überall. Die übersehe ich oft. In den Ländern wo ich zuletzt war, hatten Fußgänger keine Daseinsberechtigung. Dann bin ich dran, denn am rotem Pfeil kann man das Verkehrsschild der Seitenstraße erkennen oder auch nicht. Ich denke also mal, wenn kein Verkehrsschild da ist, habe ich Vorfahrt oder auch nicht. Ich weiß nicht. Übrigens die weisen Pfeile an den von mir blau eingezeichneten Pfeilen sagen mir, ob dies eine Einbahnstraße ist und in welche Richtung sie verläuft. Alles sehr ungewohnt.
Noch so ein Beispiel. Dies ist doch ein Stoppschild oder? Hmm, vielleicht. Es gilt nur für Radfahrer, ich als Motorradfahrer bin auf der Hauptstraße. Nun das Gute ist, die Chilenen scheinen zu begreifen, das sie einen Idioten vor sich haben, der nichts versteht und warten geduldig bis ich weg bin.
Einkaufen Mit Geduld bin ich beim nächstem Thema. Eine Nummer ziehen und geduldig in der Schlange stehen ist hier Volkssport, dem ich mich gerne entziehe, obwohl ich in der DDR hart dafür trainiert habe. Neulich war ich Sonntagnachmittag an der Fleischtheke im Supermarkt, kein anderer Kunde weit und breit und das große, hellstrahlend Nummernschild stand auf 00. Als ich die Verkäuferin ansprach, sagte sie etwas von Numero. Ich hielt kurz inne, zog eine Nummer von der Rolle, übergab sie ihr und erst danach ging es los. An der Kasse wird gerne mal ein Schwätzchen gemacht oder der Kassierer liest erst mal in Ruhe seine eingehenden SMS, bevor der nächste Kunde an der Reihe ist. Überhaupt gibt es hier sehr viel Personal in den Geschäften. Dafür fehlen aber des Öfteren die Preisschilder an den Waren. Wenn ich dann jemanden frage, gehen wir durch die ganze Halle zu irgendeinem Gerät, was dann den Preis ausliest. Gesundheit
Gesundheit hat mich nie interessiert, die war eben da. Meine Versicherung ist vor einem Jahr ausgelaufen und ich bin auch schon früher ohne unterwegs gewesen. Ich will das auch nicht breittreten, sondern mehr ignorieren. Eins ist Fakt, ich habe es im Laufe der Jahre mit dem Wein verkosten übertrieben. Ich bin ein leidenschaftlicher, exzentrischer Inspirations. und Genusstrinker, aber der Warnschuss letztens war unmissverständlich gewesen. Also entweder fühle ich mich jetzt fit genug, fahre weiter und verzichte ganz auf Alkohol oder ich bin zu schwach, breche ab und fliege nach Deutschland zur Untersuchung. Nun es fühlt sich nicht an wie zuvor, ich spüre noch irgendwas in der Brust und im Arm, aber ich denke, das wird wieder. Immer schön langsam, nichts übertreiben. Toi, Toi, Toi